Direkte positive Wirkungen
Betrieb und Ausgleichsmaßnahmen
Windenergieanlagen möglichst naturschonend betreiben
Durch eine angepasste Betriebsführung können nachteilige Auswirkungen von Windenergieanlagen entscheidend gemindert werden. Um gefährdete Vogelarten und Fledermäuse zu schützen, gibt es heute eine ganze Reihe entstprechender Technologien. Zusätzlich helfen Ausgleichsmaßnahmen, Eingriffe in die Natur zu kompensieren.
Fledermäuse sind Gewohnheitstiere: Sie wechseln auf festen Routen im Rhythmus der Jahreszeiten zwischen Wohn-, Brut- und Winterquartieren. Im Winter sind sie nicht aktiv. Sie jagen auch nur zu bestimmten Dämmerungs- und Nachtzeiten und bei bestimmten Witterungsbedingungen: Die Temperatur muss stimmen, es sollte nicht regnen und nur wenig Wind wehen. Sind all diese Faktoren an einem Windpark durch Messgeräte erfasst, können die Anlagen mit Hilfe von Abschaltalgorithmen gestoppt werden, sobald mit Fledermäusen in der Nähe der Rotoren zu rechnen ist. Um diese Algorithmen zu entwickeln bzw. für einen Standort zu optimieren, wird in der Regel ein sogenanntes Gondelmonitoring durchgeführt. Dabei werden die Fledermausaktivitäten in der Nähe der Gondel über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet, mit Wetterdaten und weiteren Informationen in Beziehung gesetzt.
Um Kollisionen mit Windenergieanlagen zu vermeiden, gibt es heute eine ganze Reihe verschiedener Maßnahmen, die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen.1
So kann mithilfe von Kamerasystemen das Kollisionsrisiko für geschützte Greifvögel an Windenergieanlagen deutlich gemindert werden. Position, Geschwindigkeit und Flugbahn der geschützten Arten werden in Echtzeit erkannt. Dadurch können die Anlagen eines Windparks rechtzeitig und effektiv abgeschaltet werden.
Eine weitere Methode, Vogelschlag zu vermeiden, sind Ablenk- und Anlockflächen.2 Damit wird prinzipiell die ganze nähere Umgebung in die Bemühungen miteinbezogen, gefährdete Vögel aus dem Gefahrenbereich fernzuhalten. Ein Beispiel: Durch Verträge mit Landwirten kann die Bewirtschaftung und Ernte auf landwirtschaftlichen Flächen gesteuert werden. Denn frisch geerntete Felder locken besonders Greifvögel an, weil hier üblicherweise Mäuse in großer Zahl verfügbar und ihrer Deckung beraubt sind. Wenn zwischen einem Vogelhorst und einem Erntefeld eine Windenergieanlage steht, würde vertraglich geregelt: Zeitgleich muss ein näher zum Horst gelegenes Feld geerntet, gemäht oder umgepflügt werden, um den Vögeln ein Angebot zu machen, dass sie nicht in den Windpark lockt.
In einem ähnlichen Ansatz für Zugvögel können zum Beispiel während des Vogelzugs Angebote für Rast und Nahrung abseits der Windparks arrangiert werden. So wird das Risiko für Kollisionen von vornherein stark verringert.
Kompensation
Sowohl im Rahmen der naturschutzrechtlichen Vorgaben als auch aufgrund forstrechtlicher Bestimmungen müssen nachteilige Auswirkungen von Windenergieanlagen durch naturschutzfachliche und bzw. waldbauliche Maßnahmen kompensiert werden. Gerade wenn über die rechtlichen Kompensationserfordernisse hinaus Naturschutzmaßnahmen umgesetzt werden, ist am Ende mit Blick auf den Natur- und Landschaftsschutz sogar eine positive Bilanz möglich. Wenn man in diese Betrachtung auch die durch den Beitrag zum Klimaschutz zu erwartenden Wirkungen mit einbezieht, kann der Naturschutz mehr gewinnen als verlieren.
Kompensationsmaßnahmen sorgen für eine Aufwertung von Natur und Landschaft. In Bezug auf die Konzeption, Umsetzung und dauerhafte Pflege der konkreten Maßnahmen ist es in der Regel sehr förderlich, örtlichen Fachverstand einzubinden. Dadurch können die Maßnahmen optimal auf die Verhältnisse zugeschnitten und eine besonders zielgerichtete Aufwertung erreicht werden.
Werden Windenergieanlagen auf Flächen errichtet, die als Wald eingestuft sind, ist neben der naturschutzrechtlichen Kompensation auch ein gesonderter Waldausgleich zu leisten. Und zwar nach den Landeswaldgesetzen unabhängig davon, ob auf den Flächen tatsächlich noch vitale Bäume stehen oder der Bestand durch Schädlingsbefall oder Windwurf bereits geschädigt ist. Dazu sind entweder neue Flächen im gleichen Größenumfang aufzuforsten oder bestehende Bestände naturnäher umzubauen.
Artenhilfsprogramme
Können die Gefährdungen einzelner Individuen betroffener Arten nicht vermieden werden, dann sollten diese zusätzlich über koordinierte Schutzprogramme, sogenannte Artenhilfsprogramme, kompensiert werden. Dabei sollten Artenhilfsprogramme nicht als Kompensationsmaßnahme für einzelne Anlagen oder zeitlich befristet festgelegt werden, sondern mindestens auf derselben räumlichen Ebene wie die übergeordnete Windenergieplanung (Regional- und Landesebene). Und zwar dauerhaft zum Erhalt der jeweiligen Populationen betroffener Arten angelegt.
Die Artenhilfsprogramme können dabei zur stärkeren Bündelung von Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der Eingriffsregelung (§§ 13 ff BNatSchG) und für vorgezogene Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Artenschutzrechts (§§44, 45 BNatSchG) dienen. Insbesondere durch den Populationsbezug bei der artenschutzrechtlichen Ausnahme sind Maßnahmen eines Artenhilfsprogramms dazu geeignet, im Vorfeld entwickelt und umgesetzt zu werden. So können sie über die rechtlichen Kompensationserfordernisse hinaus als dauerhafte Naturschutzmaßnahmen den Bestand windenergiesensibler Vogel- und Fledermausarten sichern.
Fußnoten
- Umfangreiche Forschung dazu wird etwa im vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Vorhaben NatForWINSENT durchgeführt.
- Zu diesem Thema fördert das Bundesamt für Naturschutz z.B. das Vorhaben „Wirksamkeit von Lenkungsmaßnahmen für den Rotmilan“.