Indirekte positive Wirkungen
Fossile ersetzen
Öl, Kohle, Gas – Wie der Ausstieg der Natur hilft
Der doppelte Nutzen der erneuerbaren Energien
Wind- und Solarenergie leisten einen gewaltigen Beitrag zum Klimaschutz, denn sie ersetzen fossile Energien durch eine emissionsfreie Technologie. Doch auch hinsichtlich des Umwelt- und Naturschutzes liegen sie uneinholbar vorn, zumindest wenn längere Zeiträume beurteilt werden.
Wie jede Großtechnologie stellen auch die erneuerbaren Energien einen Eingriff dar, der insbesondere am konkreten Standort der Anlagen nicht ohne Auswirkungen auf Natur und Landschaft bleibt. Welche das sind, ist gut dokumentiert: Die erneuerbaren Energien zählen zu den in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen vielleicht am besten untersuchten und regulierten neuen Technologien überhaupt. Eine sachlich korrekte Beurteilung dieser Auswirkungen muss dabei einbeziehen, dass vor allem Wind- oder Solaranlagen in der Regel deutlich schmutzigere, gesundheits- und umweltschädlichere Energien an anderen Orten ersetzen.
Der Blick auf fossile Energietechnologien wie die Braunkohle zeigt, wie hoch deren Natur- und Landschaftsverbrauch ausfällt und welche Auswirkungen deren Verbrennung hat. So führt der Tagebau in den betroffenen Gebieten dazu, dass Natur und Landschaft restlos zerstört werden. Deutschlands bekanntester Tagebau liegt im Rheinischen Braunkohlerevier. Für diesen wurde der Grundwasserspiegel auf unter 470 m abgesenkt, Ortschaften abgebaggert, das größte Waldgebiet der Jülicher Börde, der Hambacher Forst, weitgehend gerodet und mit dem Abraum die höchste Erhebung zwischen Nordsee und Eifel aufgeschüttet. In dem noch verbliebenen kleinen Rest-Teil des Hambacher Forstes wurden insgesamt 142 geschützte Arten nachgewiesen, ein Hinweis auf die große Qualität des mit dem Forst verlorengegangenen Lebensraumes.1
Fossile Energien schaffen Ewigkeitslasten
Bisher wurden für Braunkohletagebau mehr als 1794 Quadratkilometer (km²) Fläche in Anspruch genommen, also etwa 0,5 % der Fläche Deutschlands. Aktuell sind noch etwa 540 km² Betriebsflächen und immer noch kommen gut 2 ha/Tag hinzu. 1253 km² wurden bereits renaturiert.2 Die Wirkungen des Braunkohleabbaus und der energetischen Nutzung belasten weitaus größere Flächen und sind anschließend irreversibel verändert. Beeinträchtigungen der Wasserqualität der Seen, des Grundwassers und der von dort abfließenden Gewässer bleiben unter Umständen über lange Zeit bestehen und auch die bauliche Nutzbarkeit der rekultivierten Flächen ist teilweise mangels Tragfähigkeit auf absehbare Zeit deutlich eingeschränkt. Die notwendigen Managementkonzepte gehören genauso wie das Abpumpen von belastetem Grubenwasser aus dem Steinkohle-Bergbau zu den sogenannten »Ewigkeitslasten«. Der Flächenbedarf für Transporte, Kraftwerke und auch der Flächenbedarf in anderen Ländern für die Gewinnung der nach Deutschland importierten, fossilen Energieträger wird bei uns kaum wahrgenommen und berücksichtigt.
Mit der Nutzung fossiler Energieträger werden nicht nur klimaaktive Treibhausgase freigesetzt. Durch die Verbrennung von Braun- und Steinkohle zur Strom- und Wärmeerzeugung gelangten allein in 2018 insgesamt 9000 kg Blei, 2044 kg Quecksilber, 0,9 kg Cadmium und 2291 kg Arsen und über 5000 Tonnen Feinstaub in die Luft.3 Die Folgen dieser hochgiftigen Schadstoffe auf die Umwelt und Gesundheit und die damit verbundenen Kosten sind nicht abschätzbar. Weltweit sterben mehr als eine Million Menschen pro Jahr an von Kohlekraftwerken verursachter Luftverschmutzung; darunter waren 2018 ca. 390.000 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub.4
Windenergie benötigt Fläche, verbraucht sie aber nicht
Dagegen müssten, um die Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen, geschätzt 2 % der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie ausgewiesen werden. Darin liegen die Windenergieanlagen und die kreisförmigen Abstandflächen, wobei der Radius dieser Abstände von den Bundesländern unterschiedlich festgelegt ist. Davon wird wiederum nur ein kleiner Teil während der gesamten Betriebsdauer für das Fundament, Zuwegung und als Kranstell- und Lagerfläche für beispielsweise Wartungsarbeiten oder Rückbau benötigt. Durchschnittlich muss für eine Windenergieanlage 0,46 Hektar (ha) über den gesamten Betriebszeitraum von Baumbewuchs freigehalten werden. Weitere durchschnittlich 0,40 ha pro Anlage werden während der Dauer der Bauphase vorübergehend beansprucht. Im Anschluss an die genehmigte Betriebsdauer müssen die genutzten Flächen rückgebaut und in der Regel wie zuvor gestaltet werden.5
Beim Vergleich der Flächeninanspruchnahme von Windenergieanlagen mit dem Braunkohletagebau der bisherigen, fossilen Energieversorgung ist es zunächst notwendig die bei einem klimaneutralen Energiesystem mindestens notwendige Windenergie abzuschätzen. Hierzu gibt es eine ganze Reihe von Studien, die sich beim Gesamtenergiebedarf, bei Einsparung oder Effizienz, beim Anteil von Energieimporten oder bei der Verteilung auf die Erzeugungstechnologien regenerativer Energieträger unterscheiden.6 Die Studien mit hohen Ansprüchen bei Einsparung und Effizienz und mit den geringsten Anteilen an Windenergie gehen bei Klimaneutralität von mindestens 125 bis 170 GW erzeugtem Strom aus Windenergieanlagen an Land aus. Bei der rein hypothetischen Annahme alle Windenergieanlagen stünden an Waldstandorten, benötigten während ihrer Betriebsdauer durchschnittlich 0,46 ha frei von Baumbewuchs und die durchschnittlichen Leistungen der Windenergieanlagen lägen im Jahr 2040 bei ca. 5 GW, dann wäre die resultierende baumfreie Fläche ungefähr 180 km² groß. Die aktuellen Braunkohlebetriebsflächen betragen mit 540 km²7 das Dreifache. Nimmt man die bereits renaturierten Braunkohleflächen hinzu, so ist diese Fläche fast zehnmal so groß wie der Flächenbedarf der Fundamente für die notwendigen Windenergieanlagen an Land.
Anders als bei der Braunkohle bleiben unter Windrädern und Solarfeldern andere Nutzungen und Vegetationen möglich. Sie sind zwar sichtbar und verändern entsprechend Landschaften, lassen diese aber nicht unwiederbringlich verschwinden. Für einen naturverträglichen Ausbau, um Schäden für Mensch und Natur gering zu halten, müssen die fachlichen Anforderungen strikt eingehalten und verfügbare Minderungsmaßnahmen konsequent umgesetzt werden. Hier gibt es noch viele Potenziale für Optimierungen, bei der Kartierung betroffener Arten, durch technische Weiterentwicklungen, und bei der aktiven Bürgerbeteiligung. Um Umweltschäden dabei nicht in andere Länder zu verlagern, ist es überdies wichtig, die für die erneuerbaren Energien benötigten Metalle (Kobalt, Kupfer, Lithium und Nickel) so weit wie möglich umwelt- und sozialverträglich zu gewinnen, besser noch: zu recyceln und in einer Kreislaufwirtschaft immer wieder einzusetzen.
Dennoch besteht kein Zweifel: Bewertet man die unterschiedlichen Energietechnologien hinsichtlich Umwelt- und Naturschutz nach den gleichen Maßstäben, so liegen Windenergie und Solarenergie uneinholbar vorn, zumindest wenn längere Zeiträume beurteilt werden. Das bedeutet: Schon indem sie die fossilen Energiequellen ersetzen, bringen die Erneuerbaren Vorteile für Natur und Landschaft mit sich. Der Klimaschutz kommt als gravierender Plusfaktor hinzu.
Fußnoten
- Räumung des Hambacher Forsts 2018 (2022, 19. April). In Wikipedia.
- Umweltbundesamt (2021). Daten und Fakten zu Braun- und Steinkohlen, Stand und Perspektiven 2021.
- Umweltbundesamt (2021) s.o.
- Watts, N., Amann, M., Arnell, N., Ayeb-Karlsson, S., Beagley, J., Belesova, K., ... & Costello, A. (2021). The 2020 report of the Lancet Countdown on health and climate change: Responding to converging crises. The Lancet, 397(10269), 129–170.
- FA Wind (2021). Entwicklung der Windenergie im Wald-Ausbau, planerische Vorgaben und Empfehlungen für Windenergiestandorte auf Waldflächen in den Bundesländern, 6. Auflage. Fachagentur Windenergie an Land.
- Gerhards et al. (2021). Klimaverträgliche Energieversorgung für Deutschland – 16 Orientierungspunkte. Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 7.
- Umweltbundesamt (2021) s.o.