Mehr als Strom und Wärme – wie die Sonne doppelt liefert
Mehrfachnutzung mit Mehrwert für Natur und Landschaft
Für die Nutzung der Sonnenenergie wird viel Platz benötigt. Aber zwischen Solarmodulen bleiben Abstände, durch die Licht und Regen fallen kann. Dies ermöglicht die Kombination mit weiteren Nutzungen auf derselben Fläche. Durch die Installation auf Gebäuden, sonstigen versiegelten Flächen oder durch eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung unter und zwischen den Modulen können Flächennutzungskonkurrenzen deutlich reduziert werden – und auch Platz für wildlebende Pflanzen und Tiere entstehen. Je nach bisheriger Nutzung und Art der Anlage können die positiven Effekte für die Natur sogar überwiegen.
In Deutschland ist die Solarenergie Spitzenreiter, was die Anzahl der Anlagen betrifft. Diese befinden sich überwiegend auf Dachflächen. Solarenergie dient dabei sowohl zur Gewinnung von Wärme wie auch von Elektrizität. Wegen des emissionsfreien und störungsarmen Betriebs gilt die Nutzung der Sonnenstrahlung als die natur- und landschaftsverträglichste Form erneuerbarer Energiegewinnung. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie über bereits versiegelten Flächen – also auf Bauwerken, an Fassaden, über Parkplätzen oder über Verkehrsflächen stattfindet. In Kombination mit einer Begrünung können dadurch zusätzlich positive Effekte für Stadtklima und Stadtnatur erreicht werden. An heißen Sommertagen begünstigt die Vegetation sogar die Leistungsfähigkeit der PV-Module, weil diese sich weniger aufheizen.123
Aufgrund ihres Flächenbedarfs kritischer gesehen werden große Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Doch auch für diese gibt es verschiedene Ansätze, um die Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu reduzieren.
Schon heute ist die Kilowattstunde Solarstrom deutlich kostengünstiger als die in Kraftwerken mit fossilen Energieträgern erzeugte. Allerdings benötigt sie, bei gleichem Energieertrag, deutlich mehr Fläche als die Windenergie. Wenn Solaranlagen sich quasi in Wohngemeinschaft mit Ackerbau oder Biotopen eine Fläche teilen, lassen sich der Flächenbedarf zur Energieerzeugung und die Auswirkungen auf Natur und Landschaft deutlich verringern. Abhängig von der Ausgangssituation ist es sogar denkbar, Natur und Landschaft auf diese Weise dauerhaft aufzuwerten.
Ein Beispiel dafür ist die Agri-Photovoltaik. Der Begriff bezeichnet die doppelte Bewirtschaftung durch landwirtschaftliche Produktion und Solarenergie auf einer Fläche. Dieser Ansatz ist in Deutschland bislang nur wenig etabliert, aber es wurden bereits verschiedene technische Lösungen entwickelt4
. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) konnte nachweisen, dass sich durch diesen Ansatz die Produktivität der Fläche insgesamt erhöht.5
Durch diese Strategie wird weniger Fläche in Anspruch genommen. Sie eignet sich vor allem für landwirtschaftlich günstige Lagen.
Biotop-Solarparks
Die Biodiversität und der Naturhaushalt insgesamt kann in Solarparks durch verschiedene Ansätze gefördert werden. Denn neben, zwischen und unter Solarmodulen bleibt der Boden unversiegelt und so bietet sich die Chance, dort den Naturhaushalt durch eine extensive Nutzung zu verbessern und wertvolle Lebensräume zu schaffen. Dies kann sich besonders positiv auf die Artenvielfalt auswirken. Wenn die Flächen vorher intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet wurden, ist eine signifikante Verbesserung erreichbar. Dies betrifft insbesondere Tagfalter, Heuschrecken und Brutvögel. Diese Doppelstrategie von Energieerzeugung und Förderung der Biodiversität sollte besonders auf Flächen verfolgt werden, die landwirtschaftlich schlecht zu bewirtschaften sind. Diese eignen sich in der Regel gut zur Biotopentwicklung. Auch in Gebieten mit besonderen Schutzanforderungen der natürlichen Ressourcen (z. B. Trinkwasserschutzgebiete) ist die Kombination von Nutzungs- und Schutzfunktionen ein geeigneter Ansatz. Dadurch kann aber auch in intensiv bewirtschafteten Agrarräumen die Qualität des Lebensraums verbessert werden.
Massiver Ausbau der Solarenergie nötig
Um das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2045 zu erreichen, muss die Solarenergie schon in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden - und das nicht nur für die Stromgewinnung, sondern auch für die Wärmeerzeugung. Allein bis zum Jahr 2030 sollen laut EEG 2021 100 Gigawatt solare Erzeugungsleistung errichtet werden – ungefähr eine Verdopplung der im Jahr 2020 installierten Leistung. Für das Jahr 2050 werden in aktuellen Energieszenarien Angaben zwischen 114 und 415 GW installierter Leistung gemacht.
Mit Blick auf den verbleibenden Handlungszeitraum und die insgesamt erforderliche solare Energieausbeute ist trotz des vorhandenen Potenzials der Ausbau auf bebauten Flächen wegen der vielen Eigentümer und kleinen Flächenumfänge derzeit schwer zu realisieren. Deshalb ist ergänzend hierzu der verstärkte Ausbau von Solarparks auf unversiegelten Flächen zu erwarten. Denn mit ihnen sind größere Leistungen schneller und kostengünstig realisierbar. Schon heute beträgt ihr Anteil am in Deutschland erzeugten Solarstrom 23 % auf einer Fläche von mind. 213 km² (ca. 0,05 % der Fläche Deutschlands). Die großen Freiflächenanlagen stellen besondere Anforderungen an den Arten- und Landschaftsschutz.
Bürgerinnen und Bürger entscheiden mit
Auch kleine Solaranlagen können effizient betrieben werden und es rechnet sich bereits die Anschaffung für’s Eigenheim. Die Solarenergie ist dementsprechend besonders dezentral verteilt und viele Solaranlagen auf kommunalen Gebäuden oder Flächen wurden durch Zusammenschlüsse engagierter Bürgerinnen und Bürger realisiert. Bürgerenergiegemeinschaften sind daher besonders wichtige Akteure für einen naturschonenden Ausbau der Solarenergie vor Ort, denn ihr Handeln ist auch gemeinwohlorientiert.
Bei Solarparks in der freien Landschaft entscheidet vor allem der Standort, aber auch die Größe und innere Struktur über das Ausmaß der Wirkungen auf Natur und Landschaft. Jeder Solarpark sollte sowohl einen Zugewinn für den Naturschutz, wie auch eine gestaltete Einfügung in das bestehende Landschaftsbild anstreben.
Vor diesem Hintergrund hat sich aktuell eine Studie6
des Umweltbundesamtes unter anderem mit verschiedenen Möglichkeiten auseinandergesetzt, die Verträglichkeit von Freiflächen-Photovoltaik für Umwelt und Landschaft bereits auf den verschiedenen Ebenen der Planung und Standortsteuerung sicherzustellen und daraus Empfehlungen für die Gestaltungs des Rechtsrahmens abgeleitet.
Daneben gilt für Freiflächenprojekte in besonderem Maße: Eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist bereits zum Zeitpunkt der Standortfindung erforderlich. Dieses partizipative Moment ist in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung. Denn die Möglichkeit Landschaft aktiv mitzugestalten reduziert sich heute auf immer weniger Menschen. Mitgestaltung kann für die Herausforderungen einer naturverträglichen Energiewende sensibilisieren und bietet die Chance, dass sich immer mehr Menschen für deren Umsetzung tatkräftig einsetzen.