Indirekte positive Wirkungen
Wälder
Klimaschutz und Waldumbau
Sie kühlen, speichern Wasser und Kohlenstoff, reinigen die Luft und dienen der Erholung – die wichtigen Funktionen der Wälder gewinnen im Klimawandel noch an Bedeutung. Die Vielfalt und Anpassungsfähigkeit des Waldes zu stärken ist daher eine wichtige Aufgabe für die Waldwirtschaft. Zugleich kann es sinnvoll sein auch einzelne Waldflächen für die Windenergie zu nutzen, um den Klimawandel zu begrenzen.
Das Jahr 2018 war in Deutschland das wärmste, in einigen Regionen auch das trockenste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Es folgte 2019 das viertwärmste und 2020 das zweitwärmste Jahr. Von den letzten zehn Jahren waren neun gegenüber dem langjährigen Durchschnitt zu trocken.1 Die Jahre 2018–2020 werden von Meteorologen als Zeigerjahre bezeichnet. Es sind Dürrejahre, die zukünftig aufgrund des Klimawandels mit höherer Wahrscheinlichkeit, also häufiger, auftreten werden. Die beobachteten Ereignisse passen zum globalen Muster, welches durch den menschengemachten Klimawandel herbeigeführt wird.2 3
Die Auswirkungen dieser Zeigerjahre auf die Wälder sind in ganz Deutschland erkennbar: Alle Kennwerte der aktuellen Waldzustandserhebung 2020 weisen unter dem Strich den schlechtesten Zustand für unseren Wald seit 1984 aus.4 5 Dabei gibt es abhängig von Wasserverfügbarkeit, Böden, Höhe und Baumarten auch große Unterschiede. Die Fichte weist z. B. die höchste Mortalitätsrate auf. Die Anteile der anderen Baumarten mit starken Kronenschäden haben Maximalwerte erreicht und der Anteil an Bäumen ohne sichtbare Schadmerkmale ist mit 16 % so niedrig wie nie zuvor. Trockenheit und Wärme fördern neben Forstschädlingen wie beispielsweise Borkenkäfern, Gallmücken oder Prachtkäfern auch baumschädigende Pilzarten und Krankheiten wie Nadelpilze, Rußrindenkrankheit oder Eschentriebsterben.6 7 8 Unsere Wälder werden sich massiv verändern, wenn der Klimawandel nicht eingegrenzt wird.
Vielfalt ist eine Voraussetzung für Natur und Gemeinwohl
Die Vielfalt und Heterogenität von Wäldern9 10 11 ist eine Voraussetzung für anpassungsfähige Wälder und auch dafür, dass Wälder ihre wichtigen Funktionen für Natur und Gemeinwohl erbringen können. Doch Wälder sind langsam wachsende Ökosysteme. Aufgrund wechselseitiger Anpassungen und Symbiosen können Baumarten nicht einfach und schnell durch andere, besser für Hitze oder Trockenheit geeignete Arten ersetzt werden. Überdies bedeutet ein Waldumbau durch klimaresilientere Arten aus anderen Regionen der Erde gleichzeitig den Verlust zahlreicher heimischer Baum-, Tier- und Pflanzenarten. Auch eine Umstellung auf gesunde und artenreiche Wälder mit gebietsheimischen Bäumen ist weniger anfällig für die Veränderungen des Klimawandels, braucht allerdings Jahrzehnte. Ohne Begrenzung und Verlangsamung der Erderwärmung bleibt nicht genug Zeit für das Nachwachsen klimaangepasster Baumarten oder gar die evolutionäre Anpassung der Bäume.
Zeit zu gewinnen, damit der Wald sich anpassen und erneuern kann, ist damit ein zentrales Thema. Denn Klimawandel findet statt und an seine unvermeidbaren Folgen müssen sich Natur und Mensch anpassen. Vieles dabei ist Neuland. Und es geht nicht nur um die Bäume, sondern um den Erhalt und die Anpassung aller Arten des Lebensraums Wald. Entscheidend ist daher, den Klimawandel zu begrenzen und zu verlangsamen, um den Anpassungen die notwendige Zeit zu lassen.
Klimaeignung für verschiedene Waldbaumarten in Rheinland-Pfalz
Weniger Waldanbau zur Energiegewinnung
Den Wäldern kommt beim Klimaschutz und beim Erhalt der Biodiversität eine Schlüsselfunktion zu – als Hotspot der Biodiversität, riesiges Kohlenstoffreservoir, aktive CO₂-Senke und als multifunktionales Werkzeug für die Anpassung an die negativen Folgen der Klimakrise. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, die Nutzung von Holz zur Energieversorgung deutlich zu verringern und unsere Wälder künftig stärker als Kohlenstoffspeicher zu optimieren.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Gesunde Ökosysteme mit hoher Biodiversität sind resilienter, können also mit Belastungen durch den Klimawandel, durch Stürme, Hitzephasen und Trockenheit oder mit Starkregenereignissen besser überstehen. Außerdem können naturnahe Wälder im Holz und in den Böden mehr CO₂ speichern. So wird in deutschen Wäldern die enorme Menge von 1,26 Mrd. t Kohlenstoff in oberirdischer oder unterirdischer Biomasse gespeichert12 .
Die Biodiversitätsstrategie der EU fordert daher – neben dem strikten Schutz von 10 % und Einschränkungen der Nutzung auf 30 % der Landesfläche aller EU-Staaten – ganz konkret den Schutz der old-growth forests, also alter und naturnaher Wälder zur Umsetzung des natürlichen Klimaschutzes. Dabei ist es besonders wichtig, bestehende wertvolle Ökosysteme und natürliche CO₂-Senken wie alte und naturnahe Wälder zu schützen oder Moore zu erhalten und wieder zu vernässen.
Erneuerbare und unser Wald
Die Umwandlung von Waldflächen für die Gewinnung erneuerbarer Energien muss nach dem Waldgesetz i.d.R. durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen werden. Es dauert aber viele Jahre, bis auf den zum Ausgleich ausgewiesenen Flächen wieder ein Wald mit seinen vielfältigen Funktionen entstanden ist. Daraus erwächst ein Dilemma: Auf der einen Seite ein Sterben von Bäumen und Wäldern als Folge des Klimawandels, auf der anderen Seite ein kleinflächiger, jedoch sofort eintretender Verlust von Baumbestand und Lebensraum durch den Bau von Windenergieanlagen, während die Ausgleichs- und Waldumbaumaßnahmen zur Begrenzung der Klimafolgen erst mit der Zeit wirksam werden.
Ob und wo ein maßvoller Verlust von Waldflächen zugunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien unverzichtbar ist muss letztlich in jedem Einzelfall konkret abgewogen werden.
Von Wissenschaftlern befürchtete Klimarisiken für Wälder in Deutschland
Quelle: UBA (2021)
Klimaschutz unterstützt auch Wald- und Naturschutz
Fakt ist: Auch eine maßvolle, punktuelle und rückbaubare Nutzung von Waldflächen an geeigneten, möglichst vorgeprägten Standorten für Windräder ist nicht völlig vermeidbar, um unseren Teil zur Klimagerechtigkeit beizutragen. Die Errichtung von Windenergieanlagen auf Waldflächen könnte vor diesem Hintergrund auch als neue Einkommensquelle für Nachpflanzungen und Anpassungsmaßnahmen an unvermeidbare Klimaänderungen dienen. Gleichzeitig sollten aber unzerschnittene größere Waldgebiete, die eine hohe Naturnähe aufweisen, von der Windenergienutzung freigehalten werden. So gesehen kann der Ausbau erneuerbarer Energien indirekt auch den Wald- und Naturschutz unterstützen.
Fußnoten
- Deutscher Wetterdienst. (2020, 30. Dezember). Deutschlandwetter im Jahr 2020 (Pressemeldung).
- Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (2019). Waldzustandsbericht 2019. Ist der Klimawandel angekommen?
- Umweltbundesamt (2021). Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland, Kurzfassung.
- Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (2019). Klimaeignungskarten der Hauptbaumarten.
- Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (2021). Waldzustandsbericht 2021.
- Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (2021). Waldzustandsbericht 2020 für Sachsen-Anhalt.
- Delb, H. (2013). Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald in Rheinland-Pfalz. Teilbericht Waldschutz und Klimawandel. Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen.
- Umweltbundesamt, 2021 s.o.
- Bundesamt für Naturschutz (2020). Wälder im Klimawandel: Steigerung von Anpassungsfähigkeit und Resilienz durch mehr Vielfalt und Heterogenität.
- Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (2015). Erhöhung struktureller Diversität als mögliches Instrument zur Klimaanpassung: Einfluss auf das Zuwachsverhalten in Bergmischwäldern.
- Fortliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (2013). Anpassungsstrategie Baden-Württemberg: Fachgutachten für das Handlungsfeld Wald und Forstwirtschaft.
- Umweltbundesamt (2020). Heizen mit Holz