Indirekte positive Wirkungen
Klimaschutz und Natur
Warum globaler Klimaschutz hilft, Natur zu schützen
Was der Klimawandel in der Natur bewirkt
Obwohl die Folgen der Klimakrise erkennbar zunehmen, hat die Menschheit noch immer die Möglichkeit, die globale Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß zu begrenzen. Die Natur ist grundsätzlich sehr anpassungsfähig. Sie benötigt dafür jedoch ausreichend Zeit und Schutz. Umgekehrt können gesunde Ökosysteme die notwendige Anpassung an den Klimawandel erleichtern.
Tiere und Pflanzen sind an ihre Umwelt angepasst. Ändert sich diese, müssen sich die Tiere und Pflanzen erneut anpassen oder ausweichen. Arten, denen dies nicht ausreichend gelingt, gehen zurück oder sterben sogar aus. Mit Blick auf den Klimawandel ist aber nicht nur die absolute Temperaturerhöhung entscheidend. Der vom Menschen verursachte Klimawandel verläuft in einem solch hohen Tempo, dass so gut wie keine Anpassungs- und Ausweichoptionen gegeben sind.
Während in der geologischen Vergangenheit ein Temperaturanstieg von 4-5°C etwa 10.000 Jahre dauerte, erwartet uns aktuell ein vergleichbarer Temperaturwechsel innerhalb von gut 100 Jahren, falls die Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels nicht erfolgreich sind. Hinzu kommen weitere Folgen der ressourcenintensiven Lebensweise, die sich negativ auf die Biodiversität auswirken. So werden Lebensräume durch Verkehrsinfrastruktur zerschnitten oder durch Siedlung oder Landwirtschaft verringert 1 2 3 4 . All dies erschwert die Anpassung an den Klimawandel zusätzlich. Vor diesem Hintergrund beschlossen 196 Länder im Jahr 2015 mit dem Pariser Abkommen, den Klimawandel auf maximal 2°C, möglichst 1,5°C zu begrenzen 5 .
Der Klimawandel gefährdet Lebensgrundlagen
Der Klimawandel findet bereits statt, mit sichtbaren Folgen. Landschaften verändern durch seinen Einfluss ihren über Jahrhunderte gewachsenen Charakter. Dies betrifft uns auch in Deutschland: Bodenfruchtbarkeit, Landwirtschaftliche Erträge, Wasserverfügbarkeit, Schutz vor Erosion und der unmittelbare Nutzen zahlreicher Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sind für uns Menschen wichtige Lebensgrundlagen. Man bezeichnet diese Beiträge der Natur als Ökosystemleistungen. Und auch diese werden durch die Klimakrise gefährdet. Schon heute bewertet der Weltbiodiversitätsrat (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, IPBES), eine UN-Organisation mit 136 Mitgliedstaaten, den Zustand der Biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen in Europa und Zentralasien kritisch und prognostiziert, dass diese Auswirkungen des Klimawandels noch rapide zunehmen werden 6 7 .
Dürremonitor für die Zeigerjahre 2018 bis 2020
Die Natur gerät aus dem Takt
Anfangs kleine Verschiebungen können ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Ob die Blütenbestäubung durch Insekten oder die vielfältigen Interaktionen zwischen Räubern und ihrer Beute, viele Abläufe in Ökosystemen sind zeitlich fein aufeinander abgestimmt. Änderungen im Jahresverlauf bringen diese Abstimmung durcheinander. So fällt der Laubaustrieb und das Schlüpfen der Schmetterlingslarven nicht mehr wie früher zeitlich zusammen. Da Schmetterlingslarven jedoch eine wichtige Nahrungsquelle für Jungvögel bieten, wird deren Aufzucht gefährdet. Auch die Apfelblüte findet heute im Schnitt zehn Tage früher als noch vor 60 Jahren statt 8 . Durch den phänologisch früheren Frühjahrsbeginn steigt gleichzeitig das Risiko durch Spätfrostschäden 9 .
Da all diese Veränderungen sich in hohem Tempo vollziehen, haben die natürlichen Systeme keine Zeit sich anzupassen – die Natur gerät aus dem Takt. Die Jahreszeiten der biologischen Uhr Deutschlands zeigen bereits einen deutlich kürzeren Winter (minus 23 Tage) und einen um 20 Tage früher beginnenden Vorfrühling. Frühling und Herbst dauern länger. Im Klimawandel zunehmende Trockenphasen und stärkere Verdunstung bei verlängerter Vegetationsdauer werden an vielen Standorten einige Pflanzen beim notwendigen Wasserbedarf vor unüberwindbare Probleme stellen und so beispielsweise die Forstwirtschaft verändern. Trockenheit und Verdunstung verbunden mit höherem Wasserbedarf der Pflanzen werden die Wasserverfügbarkeit für Gewässer und bei der Grundwasserneubildung verringern. Forstschädlinge wie die Borkenkäfer können bei Wärme zunehmend mit einer zusätzlichen jährlichen Reproduktion mehr Schaden anrichten. Allergiker leiden unter verlängertem Pollenflug. Notwendige kalte Tage in der Landwirtschaft fehlen für den ertragreichen Anbau von Winterweizen.
Phänologische Jahreszeiten für Deutschland
Jede Nachkommastelle schützt Natur und Arten
Diese Veränderungen müssen bestmöglich begrenzt werden. Jede Nachkommastelle, die dem Klimawandel abgerungen wird, trägt effektiv zum Natur- und Artenschutz bei. Bereits der Unterschied zwischen durchschnittlich 1,5°C und 2°C Erwärmung wird unmittelbar über das Überleben von Arten, den Erhalt von Lebensräumen und Nutzungsmöglichkeiten entscheiden.
Technologisch hat die Menschheit die Möglichkeit, die Erderwärmung in beherrschbarer Größe zu begrenzen. Dabei ist es ebenfalls entscheidend, diese Änderung möglichst abzubremsen und Unvermeidbares in die Länge zu ziehen. Klimaschutz ist wirksam. Jeder kleine Schritt, den Klimawandel zu begrenzen oder zu verlangsamen unterstützt weltweit Arten und Lebensräume. Und auch umgekehrt gilt: Je gesünder unsere Ökosysteme sind, desto besser funktioniert die natürliche Anpassung und wichtige Ökosystemleistungen bleiben erhalten. Naturschutz ist daher auch ein Beitrag zur Anpassung an den bereits voranschreitenden Klimawandel.
Klimawandel: Macht ein halbes Grad wirklich einen Unterschied?
Fußnoten
- IPCC (2021). Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6). Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Hauptaussagen aus der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger.
- IPCC (2021a). Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6). Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Summary for Policymakers.
- IPCC (2022). Working Group II Impacts, Adaptation and Vulnerability.
- Graßl, H. (2007). Klimawandel. Die wichtigsten Antworten. Freiburg im Breisgau 2007, S. 63f.
- Sachverständigenrat für Umweltfragen (2020). Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa. Umweltgutachten 2020.
- IPBES (2019). Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Regionalen Assessments zur biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen in Europa und Zentralasien der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services.
- IPBES & IPCC(2021). IPBES-IPCC co-sponsored workshop report on biodiversity and climate change.
- Bundesamt für Naturschutz (2021). Klimawandel und Biodiversität. Folgen für Naturschutz.
- Umweltbundesamt (2021). Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland, Kurzfassung.